Justin J. Meggitt: War Jesus ein Anarchist? Anachronismus, Anarchismus und der historische Jesus

Die Behauptung, dass Jesus ein Anarchist gewesen sei, wurde im Laufe der Geschichte von einer Vielzahl von Personen und Bewegungen aufgestellt. Zwar gibt es erhebliche Unterschiede in Bezug auf das, was damit gemeint sein könnte, doch ist es möglich, die Richtigkeit dieser Einschätzung zu überprüfen. Nachdem die anfänglichen Fragen zur Historizität, Methodik und Definition geklärt sind, zeigt sich, dass es in unseren frühesten Quellen eine Reihe von wiederkehrenden, vorherrschenden Motiven über die Gestalt Jesu gibt, die legitimerweise als anarchistisch beurteilt werden können. So beinhaltet zum Beispiel das Konzept des „Reiches Gottes“, das die frühesten Daten durchzieht, die aktive Identifizierung und Kritik zwanghafter Machtverhältnisse und die Verwirklichung neuer, egalitärer und präfigurativer Formen des sozialen Lebens sowie eine reflexive, unbestimmte und selbstschöpferische Praxis. Auch die Pädagogik des historischen Jesus‘ scheint überwiegend präfigurativ und ohne Zwang gewesen zu sein.

Obwohl das Bild von Jesus sicherlich nicht einheitlich ist und es auch frühe Motive gibt, die als autoritär und hierarchisch beurteilt werden können, sind doch Aussagen, dass der historische Jesus ein Anarchist war, legitim, vertretbar und wertvoll. Dies soll im Folgenden auf Grundlage der uns vorliegenden Quellen zur historischen Gestalt von Jesus aufgezeigt und belegt werden.

(. . . Fortsetzung in espero, Nr. 4 | Januar 2022)